fashionworks' Next Topmodel

 

Das Leben eines Strickdesigners ist nicht immer so gemütlich, wie man es sich vielleicht vorstellen mag. Nicht immer sitzt man einfach da und lässt die Nadeln klappern - oft tauchen Probleme auf, mit denen man zu Anfang nie gerechnet hätte.

 

Mein ganz spezielles Problem (das ich aber dennoch wahrscheinlich mit vielen anderen Strickerinnen teile) ist das der vernünftigen Produktpräsentation im Online-Shop. Zwar bin ich technisch sehr gut ausgestattet (ich bin stolze Besitzerin einer Spiegelreflexkamera samt Blitzlicht und habe diverse Workshops für Fotografie mitgemacht), was mir jedoch anfangs fehlte, war ein passendes Model.

 

Neben der technischen Ausstattung bin ich auch noch stolze Besitzerin zweier Töchter, einer blonden und einer schwarzhaarigen. Gute Voraussetzungen allerdings, aber wer schon einmal versucht hat, fröhliche Fotos von mißmutigen Teenagern zu machen, wird das Problem nachvollziehen können. Die Frage: "Hey, können wir heute mal ein paar Fotos von meiner neuen Jacke machen?" rief meistens nur panikartige Fluchtreflexe hervor. Hinzu kam, dass Teenager ja im Gegensatz zu ihrer arbeitenden Mutter nie Zeit haben und mich somit schon die Terminabsprache vor schier unlösbare Probleme stellte.

 

Also musste eine Alternative her. Im Internet entdeckte ich ein Drahtgestell ohne Arme, das halbwegs finanzierbar war und auch als Dekoration für mein Atelier gut geeignet war.

 

 

My first Model

Schneiderpuppe Drahtgestell
Das kopflose Model

Wie sich jedoch schnell herausstellte, konnte man dieses Model lediglich für die Präsentation von Tüchern und Schals verwenden. Für das Fotografieren von Jacken und Pullovern war es völlig ungeeignet, weil die Ärmel stets etwas unmotiviert herunterbaumelten und -seien wir doch mal ehrlich- kein Mensch eine solche Taille vorweisen kann, sofern man nicht Zugriff auf die Requisiten alter Sissy-Filme hat. Über die Verwendung als Model für Mützen brauchen wir hier wohl gar nicht reden.

Meine Rettung in der Not - Käthe

Nach langem Recherchieren im Internet und diversen (missglückten) Versuchen, meine Strickmodelle ohne Model zu fotografieren, stieß ich dann auf sie: Käthe!

Schaufensterpuppe Käthe
Käthe - fashionworks' Next Topmodel

Zugegeben, sie hat niemals ein Lächeln für mich übrig und unterscheidet sich damit nur unwesentlich von meinen missmutig dreinblickenden Töchtern - aber sie hat immer Zeit, lässt sich ohne Murren an-, um- und entkleiden und wartet sogar mit verschiedenen Haarfarben und Frisuren auf. Und wenn sie nicht gebraucht wird, lässt sie sich einfach in die Ecke stellen und erschreckt unerwartete Besucher mit schöner Regelmäßigkeit zu Tode.

 

Gut, manchmal wünschte ich, Käthe wäre ein klein wenig flexibler. Besonders in den Armen lässt sie keine weitere Bewegung zu als "etwas mehr nach vorn" oder "etwas mehr nach hinten". Und auch der Blick könnte meines Erachtens manchmal ein bisschen weniger modelmäßig kapriziös sein. Aber wenn ich mir die nicht vorhandenen Alternativen betrachte, kann ich doch sehr zufrieden sein, denke ich.

 

In diesem Sinne: Ich werde mich jetzt schnellstens um mein neues Strickprojekt kümmern, denn momentan steht Käthe völlig nackt in der ihr zugewiesenen Ecke - und das hat diese treue Seele nun wirklich nicht verdient.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Michaela Bergmann (Mittwoch, 31 Juli 2013 16:47)

    LOL - ich lach' mich kaputt. Super geschrieben, Rita! Und ich erkenne mich in der Tat an manchen Stellen wieder, vom allem, was die Teenager angeht.